Sonntag, April 09, 2006

Gerry


Alles mutet nach einem schlechten Witz. "Gehen 2 Männer durch die Wüste...", beide heissen auch noch Gerry. Fehlt nurnoch die Pointe. Bei diesem "schlechten Witz" handelt es sich aber um den Plot von "Gerry" und die Pointe ist ein faszinierender Blick auf unsere Zivilisation.

Gerry und Gerry (Matt Damon und Casey Affleck) verlaufen sich in der Wüste. Ohne Karte, Wasser oder Essen sehen sie sich alsbald mit dem "Death Valley" konfrontiert und was anfangs noch für kleinere Scherzchen gut ist, wird später zur lebensbedrohlichen Gefahr.
Der eine Gerry erzählt von großen Eroberungen und taktischem Kalkül auf dem Computer und beide wähnen sich als Hobbyfährtenleser doch was auf dem Bildschirm und im Fernsehen so einfach aussieht stellt die Namensvetter "da draußen" vor unlösbare Aufgaben.

"Gerry"s fast 100-minütige Laufzeit wird durch Regisseur Gus Van Sant in genau 100 verschiedene Shots unterteilt, das sind ca. 60Sek pro Shot für die Statistiker.
Die schier endlos wirkenden Einstellungen, gepaart mit dem melancholischem Zusammenspiel von Violine und Klavier von Arvo Pärt, erzeugen ein beklemmend authentisches Gefühl des Verlorenseins, auf physisch wie metaphysischer Ebene.
Es gipfelt in einer traumhaften, fast 4-mütigen Einstellung, in der die Kamera den in der Wüste sitzenden Gerry Casey Affleck im 360° Winkel umrundet. Der Stillstand, die Wut, die Hilflosigkeit, die tiefe Trauer und die völlige Leere die ihn durchtränkt wird förmlich greifbar und der Begriff "Natur als Spiegel der Seele" drängt sich auf.

"Gerry" ist der erste Teil von Gus Van Sants "Death Trilogy", die mit "Elephant" und "Last Days" fortgeführt wurde. Ein in allen Belangen hypnotischer Blick auf unsere inhalt- und ziellose Zivilisation. Gerry erklärt nichts, Gerry beschönigt nichts und witzig ist er schon garnicht.
Ein schlechter Witz, aber ein faszinierender Film.