Montag, April 30, 2007

Sunshine


Bereits nach dem Trailer zu Danny Boyles neuem Film "Sunshine", er wurde mit dem bekannten Lux Aeterna des Kronos Quartet unterlegt, war abzusehen, dass hier dem Zuschauer mal wieder ein aus allen Klassikern zusammengeklauter Patchwork Science Fiction-Film bevorsteht. Dass dem auch so ist und "Sunshine" trotzdem ein mehr als gelungener Genrebeitrag geworden ist, war dann jedoch nicht abzusehen.

Sunshine ist so viel Alien, so viel Solaris, so viel Event Horizon und so viel anders. Boyles Werk entwickelt seine ganz eigene Bildsprache, und was für eine! Ein audiovisueller Hochgenuss erwartet den Zuschauer auf der Ikarus II, die sich auf dem Weg zur sterbenden Sonne befindet, um diese neu zu entfachen. Ein wundervoll schwereloser Score, hypnotische Bilder und eine magisch resignierende Grundstimmung machen "Sunshine" zum Fest für die Sinne und fast schon zur spirituellen Erfahrung.
Wäre Boyle diese Schiene bis zum Ende gefahren, wäre er am Boxoffice völlig eingebrochen, und gleichzeitig vom geneigten Zuschauer als Retter des Science Fiction Genres auserkoren worden.

Der spirituelle Flug der Ikarus II endet nämlich nach den ersten zwei Dritteln jäh und weicht einer abgenutzten Horrorstoryline, die, nur so kann ich es mir erklären, nur aus dramaturgischen Gründen, völlig unnötig, eingefügt wurde. Boyles anfangs angerissene Themen wie der Suche nach dem eigenen Ich oder grenzenlosem Streben des Menschen werden einfach abrupt fallengelassen und müssen dem nichtssagenden Weltallhorrorplot weichen. Dabei hatte Boyle doch vorher alles richtig gemacht. Von den Schauspielern über das Setdesign bis hin zu den Effekten stimmte einfach alles und so schmerzt dieses leider leider sehr veschenkte Potenzial nur noch mehr.

Kurz vor dem totalen Aus wird zum Glück die Notbremse gezogen und so kann das Ende doch noch einigermaßen befriedigen. Sehr ärgerlich dieser Stilbruch, aber trotzdem bleibt "Sunshine" ein sehr sehenswerter Film und ein Hochgenuss für Augen und Ohren.

Freitag, April 13, 2007

300


Was wurden nicht im Vorfeld schon für Adjektive mit "300" in Verbindung gebracht: kriegsverherrlichend, antiiranisch, proamerikanisch, rechts, links, straight, homophil, homophob.
Bei all diesem politisch motivierten Durcheinander, welches um den Film allerorts veranstaltet wird, wurde nur eines leider vergessen: langweilig.

Regisseur Zack Snyder insestiert, dass sein Film bitte keineswegs in Kontext mit einem der oben genannten Adjektive gestellt werden soll, er solle doch nur "sexy, cool, stylish sein; Spaß machen!".
Alles kein Problem, 2 Stunden audiovisuell berieseln lassen sei jedem mal gegönnt, denn eigentlich schreit die Comicvorlage von Sin City Zeichner Frank Miller, die auf der wahren historischen Schlacht der 300 Spartaner gegen ein Heer aus Persern beruht, nach genau solch einem kurzweilig klamauikgem Spaß für zwischendurch. Doch das ist er leider nicht geworden.

Keine Frage, audiovisuell lässt Snyder nichts anbrennen. Hübsche Blue- und Greenscreen Bilder gibt es zu bestaunen, ein paar nette Shots und schon sind wir bei Minute 7 angelangt. Denn bereits kurze Zeit später hat man sich am ständigen Sonnenauf- oder untergang satt gesehen, und die ewig gleichen Zeitlupen/raffer Aufnahmen weisen Abnutzungserscheinungen auf.
Das wäre auch alles zu verzeihen, wenn "300" nicht eine derart schlechte Dramaturgie aufweisen würde, dass man anstatt mit 300 Sixpacks mitzufiebern lieber ein kaltes für die drögen, dahinplätschernden 2 Stunden haben möchte. Von den Dialogen sei am besten garnicht angefangen, und einzig allein Leonidas himself, gespielt von Gerard Butler, rettet das Ensemble vor dem frühzeitigen K.O.
Vieles davon lässt sich natürlich auf die Comicvorlage zurückzuführen, die ausser schönen Bildern nicht viel zu bieten hat, doch was im Comic funktioniert, versagt auf Film vollends.

Die hanebüchene, von vielen proklamierte Bushpropaganda- und Gewaltverherrlichungsdiskussion völlig ausser Acht gelassen, bleibt unterm Strich ein ziemlich lahmer und eintöniger Patchworkfilm, dessen audiovisuelle Reize nicht ausreichen um über die gesamte Laufzeit bestehen zu können.
Sicherlich, die Schlachten sind schön comicartig in Szene gesetzt und der ein oder andere ironische Wink mit dem Zaunpfahl (ob gewollt oder ungewollt) lockert das Geschehen angenehm auf. Man kann 2 Stunden auch schlechter verbringen, wesentlich besser allerdings auch.

Donnerstag, März 15, 2007

Tetsuo


Ein japanischer Geschäftsmann überfährt mit dem Auto einen Jogger, der sich kurze Zeit vorher einen Metallstab in den Oberschenkel implementiert hat.
Soviel lässt sich zweifelsfrei zum Inhalt von Shinya Tsukamotos "Tetsuo - The Iron Man" sagen, die darauffolgenden verbleibenden 65 Minuten sind ein surrealer Trip der seinesgleichen sucht. Der Geschäftsmann durchläuft eine bizarre Metamorphose zum Iron Man um letzten Endes dem überfahrenen Jogger in einem Anime nicht unähnlichen Kampf erneut zu begegnen.

Tetsuo erschlägt den Zuschauer mit einer brutal grotesken, surrealen Flut an Bildern und Metaphern die jeden einzelnen Frame des Films fast zum explodieren bringen. Dazu der im Sekundentakt hämmernde Elektroscore von Chu Ishikawa, der die Maschinenwelt von Tetsuo untermalt. Eine perfekte Synthese, wie sie nicht zuletzt auch in der Conclusio des Films wiederzufinden ist.

Es wäre leicht zu sagen Tetsuo ist ein weiterer Beitrag zum bekannten Sujet der Industrialisierung und die Abhängigkeit des Menschen von ihr, finden sich im Film doch zahlreiche weitere Interpreationsansätze wie z.B. die der Entfremdung des Menschen, der Lebenszyklus, soziale Missstände, USA-Kritik und selbst ein Kindheitstrauma.
Fakt ist allerdings, dass der Metallfetischismus, nicht zuletzt in Form durch den überfahrenen Jogger, im Vordergrund steht. Die Kamera leckt förmlich über die metallenen Gegenstände und der berühmte Metallbohrpenis bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Tsukamotos Horrorvision der Brave New World ist ein verstörender Technoalptraum, dessen undurchdringbares metallenes Geflecht gerade den Reiz ausmacht und Ende der 80er Jahre nicht passender hätte erscheinen können.

Bei Betrachtung des Films drängten sich mir vor allem 2 Namen auf, gerade im Hinblick auf Themen wie der Metamorphose und "industriellen Surrealismus": David Cronenbergs "Videodrome" und David Lynchs "Eraserhead"und vor beiden brauch sich Shinya Tsukamotos "Tetsuo" nicht im geringsten zu verstecken.

Freitag, Januar 19, 2007

The Fountain


"What if we could live forever?"

So lautet die offizielle Tagline zu Darren Aronofsky (Pi, Requiem for a Dream) neuestem Film "The Fountain". Nicht gerade neu, mag man wohl auf den ersten Blick denken, "The Fountain" ist jedoch ein mehr als außergewöhnlicher Film und weit entfernt von konventionellen Sehgewohnheiten.
Über eine Zeitspanne von 1000 Jahren und 3 Epochen (1500, 2006, 2500) erstreckt sich der Plot, mit Fokus auf die Gegenwart um die totkranke Rachel Weisz und Ehemann Hugh Jackman, der versucht ein Heilmittel gegen den Tumor seiner Frau zu finden.

Die Grundlage des Films bildet Hugh Jackmans Kampf mit dem Tod auf physischer wie psychischer Ebene in den 3 Epochen. Dabei kleidet Aronofsky die recht simpel dargestellte Philosophie des Lebens nach dem Tod in so traumhaft schöne Bilder, dass einem zum Glück nur sprichwörtlich Hören und Sehen vergehen, denn neben dem traumhaften Setdesign und Effekten untermalt Clint Mansell, das Kronos Quartett und Mogwai die Gemälde auf der Leinwand mit unglaublicher Intensität und Hingabe.
Höhepunkt ist dabei Jackmans Katharsis, die fast schon mit Kubricks 2001 zum Vergleich herangezogen werden könnte.

"The Fountain" ist eine außergewöhnliche Seherfahrung, die den bornierten Zuschauern sicherlich verwehrt bleiben wird, doch für jeden, der sich auf eine wunderschöne, meditative Liebesgeschichte einlassen kann, ein absolutes Juwel. Aronofsky scores three.

Dienstag, November 07, 2006

All the King's Men


Basierend auf der gleichnamigen Vorlage von Robert Penn Warren verfilmte Steven Zaillian dieses wunderbare Stück Darstellerkino.
Sehr frei nach einem Gouverneur, Huey P. Long, aus Lousiana nachempfunden, erzählt "All the King's Men" den politischen Werdegang von Willie Stark (Sean Penn), dem Sprachrohr des einfachen Mannes und seinem politischen Werdegang vom Mann des Volkes zum Vollblutpolitiker.

Penns mitreissende Reden werden aus dem Off von seiner rechten Hand (Jude Law)
kommentiert, der mit namhaften Darstellern wie u.a. Anthony Hopkins, Kate Winslet und James Gandolfini, den exquisiten Cast perfekt abrundet.
Regisseur Steven Zaillian ließ Willie Starks Wechsel zwischen naivem Idealisten und rücksichtslosem Realisten auch in seine Regie einfließen. Ruhige, idyllische Bilder der Südstaatenlandschaft reichen sich mit bildgewaltigem Blitzlichtgewitter die Hand, untermalt von James Horners sehr stimmungsvollem Score.

Ein teilweise holpriger Schnitt und eine stellenweise zu sprunghafte Adaption der Vorlage fallen etwas negativ ins Gewicht, sind aber lediglich Schönheitsfehler in einer ansonsten rundum gelungen Verfilmung, die von den Kritikern leider nicht allzu gut aufgenommen wurde.

Ein Film über Integrität, Loyalität, Ideale und die zweischneidige Zunge der Politik, getragen von einem exzellenten Cast, schön inszeniert und musikalisch untermalt. So lässt sich jede Wahl gewinnen.

Freitag, September 22, 2006

Das Parfum


Was wurden nicht schon alles für Namen in Verbindung mit dem Projekt gebracht: Ridley Scott, Tim Burton, Martin Scorsese und nicht zuletzt der Meister persönlich Stanley Kubrick. Nach gut 10 Jahren sind die Rechte letzten Endes dann beim deutschen Duo Tykwer/Eichinger gelandet, was gut und widerum nicht so gut ist.

Das Problem war allen sofort klar. Wie soll man Patrick Süskinds weltbekannte Vorlage, sein flüchtiges Reich der Gerüche, so intensiv wie im Roman beschrieben auf Zelluloid bannen? Das deutsche Regieaushängeschild Tom Tykwer hat sich dieser Aufgabe angenommen und hat erstaunliches bewerkstelligt. Eine pompöse Ausstattung, wunderbar dreckige Sets (Paris) und von den Kostümen bis zur Maske stimmte alles bis ins kleinste Detail. Da kann man nur sagen: Danke Bernd Eichinger, für das viele Geld.
Die Grundlagen stimmten also, und zusammen mit Tykwers exzellenter Kamera und visuellen Spielereien bekommt der Zuschauer eine erste angenehme Note des Duftreichs zugefächert.
Verstärkt wird dies' noch durch den durchweg exzellenten Cast des Films. Neuentdeckung Ben Wishaw als Monster Grenouille, Dustin Hoffman und vor allem Alan Rickman reihen sich nahtlos an die superben ersten zwei Drittel der Spielzeit ein.

Dann fällt der Film leider ziemlich ab, und der unangenehme Geruch des Geldes und der Gier macht sich breit. Da kann man wieder nur sagen: Danke Bernd Eichinger, für das Reinpfuschen in Künstlerhände. Ab Grenouilles Ankunft in Grasse und den eigentlichen Beginn seiner Mordserie verkommt der Film zum nichtssagend austauschbaren Thriller und die Magie, der wohlige Duft des vorher gesehen droht zu verfliegen. Der Film verlässt seine nüchtern, fast chronologische Erzählweise, der Erzähler aus dem Off gibt keinen Laut mehr von sich und man muss zusehen wie Eichinger zugunsten eines Effekthaschenden Thrillerteils für die Massen den Stil des Films um 180° dreht und das Projekt fast zum Scheitern bringt...wäre da nicht das grande finale auf dem Marktplatz von Grasse.
Hier fährt Tykwer nochmal alle Geschütze auf und ein audiovisueller Rausch überflügelt alles Gesehene wie das Parfum den Pöbel, großartig, großartig!

Der Vergleich zur Vorlage des Parfums ist etwas unfair, aber legitim. Die Abweichungen und Kürzungen sind sinnvoll und bis auf ein paar Ausnahmen zu verschmerzen und so hat sich Meister Kubrick wohl doch zumindest einmal geirrt, der das Buch für unverfilmbar hielt (auch wenn ich persönlich seine Version noch lieber gesehen hätte).
Das Parfum ist mit Abstrichen im letzten Drittel ein Erfolg und Genuss auf ganzer Ebene für das deutsche Kino und für den Zuschauer geworden.
Das flüchtige Reich der Gerüche hat jedenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Freitag, September 01, 2006

Lady in the Water


Es war einmal ein Inder namens M. Night Shyamalan, der drehte immer heißdiskutierte Filme.
Sein neuestes Werk bildet da keine Ausnahme und spaltet die Lager wie kein anderes.

Nüchtern betrachtet ist "Lady in the Water" ein normaler Märchenfilm. Für seine Töchter als Bedtime-Story von Shyamalan geschrieben, hat sie den Weg über mehrere Studios schießlich auf die Leinwand gefunden.
Die "Story" (Bryce Dallas Howard) stammt allerdings aus so einer Gutenacht-Geschichte und probiert nun in ihre Welt, mit Hilfe des introvertierten Hausmeisters Cleveland Heep (Paul Giamatti) und einem Dutzend liebenswürdiger Mieter, zurückzukehren.

Shyamalan, der hier zum fünften Mal als Autor und Regisseur fungiert, verzichtet glücklicherweise diesmal auf einen seiner berühmten Plottwists, beweist aber ein ums andere Mal, zusammen mit Christopher Doyle, sein Geschick für schön fotografierte Aufnahmen. "Lady in the Water" besticht durch seine sehr ruhige Inszenierung und Erzähfluss, wunderschön untermalt von James Newton Howards Score.
Shyamalan lässt viel Zeit für Charakterentwicklung, und hat an einer Stelle dabei leider etwas übertrieben: bei sich selbst. Bekannt für seine Cameos fällt Shyamalans Part in "Lady" weitaus größer aus als gewohnt und der findige Inder nimmt es sich nicht heraus seinem Charakter, einem Schriftsteller, eine übergeordnet tragische Rolle zu verleihen. Nötig war dies' sicherlich nicht, und so hinterlässt dieser Aspekt einen etwas fahlen Beigeschmack.

Trotzdem ist sein Drehbuch zwar nicht vor der ein oder anderen Unzulänglichkeit gefeilt, beweist aber gleichermaßen Witz, Cleverness und ein interessantes Spiel mit verschiedenen Aspekten des Genres, wie jeder Filmkritiker unweigerlich zugeben werden muss.

"Lady in the Water" ist zwar nicht Shyamalans bester Film und zum Einschlafen nicht wirklich geeignet, aber ein erfrischender Wechsel zu seinen suspense-lastigen Vorgängern und ein wunderbares Märchen. Gute Nacht.